Was ist Dialog


Vom Wortsinn her bedeutet Dia-Logos etwa: der Logos, d.h. das Verstehen der Wortbedeutungen fließt durch das Denken und Sprechen der Einzelnen und durch das Gespräch hindurch (dia=durch, hindurch). Dialog ist ein Praxisfeld und ein Entwicklungsprozess für generatives, kreatives Denken und bewusste Kommunikation.

Dialog ist ein Raum

  • in dem wir lernen, wie wir hören und wie wir das, was wir hören, durch unsere individuellen und einzigartigen (verzerrenden) Filter verarbeiten.
  • in dem wir lernen, unsere Gewissheiten zu suspendieren und uns bewusst machen, wie jedeR von uns den Daten und Eindrücken, die uns umgeben, Bedeutungen zuweist.
  • in dem wir lernen, nicht nur unsere Meinungen und Ideen zu zeigen sondern auch die Gedanken und Gefühle, aus denen unsere Meinungen und Ideen entstanden sind.
  • in dem wir lernen, mit wachsender, echter Neugier unsere eigenen Gedanken und Annahmen zu erkunden, ebenso wie die Gedanken, Annahmen und Ideen von anderen. Ein Weg, der uns und anderen weitere und tiefere kommunikative Entdeckungen ermöglicht.
  • in dem es erlaubt ist, nicht zu »wissen«, um unschuldige Fragen zu stellen, die aus dem Bewusstsein, lernen zu wollen entstehen und nicht aus dem Bewusstsein »recht haben« zu wollen.
  • in dem wir lernen, die Spannung auszu«halten« die von Polaritäten und Paradoxien geschaffen wird und dadurch einen sicheren Raum für Verschiedenheiten schaffen.
  • in dem wir lernen, zu verlangsamen und den Prozess der Kommunikation zu öffnen und Raum zu schaffen, in dem wir wirklich zuhören können.
  • in dem wir uns selbst erlauben, von der Kommunikation mit anderen berührt zu werden, ohne dass wir ablehnen und ausblenden müssen, was da ist, nur um unsere eigene Position abzusichern und zu verteidigen.
  • in dem wir lernen, plädieren und erkunden auszubalancieren.
  • in dem wir lernen, kollektiv zu denken und schöpferisch zu werden, indem wir entdecken, dass wir gemeinsam eine höhere Intelligenz erreichen können.


Der Dialog unterscheidet sich wesentlich von der Diskussion. Er stellt einen Versuch dar das Potential der jeweiligen Gruppe in den Raum zu holen, von Herzen zu sprechen, zuzuhören, feste Meinungen zu suspendieren und den Redebeiträgen der anderen mit radikalem Respekt zu begegnen. Die TeilnehmerInnen sitzen im Kreis, arbeiten meist mit einem Redesymbol und das Gespräch entwickelt sich aus der Mitte heraus. Fragen werden an die ganze Gruppe gestellt, die Stille und die Verlangsamung des Gesprächs ist ein wesentliches Element. Durch die Verlangsamung können die TeilnehmerInnen auch besser wahrnehmen welches Gespräch sich in ihrem Inneren entwickelt. David Bohm sprach davon, dass er mit dem Dialog dem menschlichen Denken auf die Schlichen kommen möchte. Zum Unterschied dazu geht es bei der Diskussion stärker darum sich mit seiner Meinung durchzusetzen.

In seinen Grundformen kann der Dialog als generativer Dialog - das Thema ist nicht vorgegeben und entwickelt sich aus der Kreismitte - oder als strategischer Dialog mit einem vorgeschlagenen Thema oder einer Frage stattfinden.

»Ich bin nicht nur überzeugt, dass das, was ich sage, falsch ist, sondern auch das, was man dagegen sagen wird. Trotzdem muss man anfangen, davon zu reden.

Die Wahrheit liegt bei einem solchen Gegenstand nicht in der Mitte, sondern rundherum wie ein Sack, der mit jeder neuen Meinung, die man hineinstopft, seine Form ändert, aber immer fester wird!«

Robert Musil, österreichischer Schriftsteller